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Im Naturpark Südschwarzwald © Peter Mesenholl
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Rinderhaltung auf mageren und artenreichen Flächen im Schwarzwald - wie kann das langfristig funktionieren?

Exkursion der Naturpark-Arbeitsgruppe Landwirtschaft

Feldberg/Häg-Ehrsberg - Eine von der Naturpark-Arbeitsgruppe Landwirtschaft initiierte Exkursion stieß auf großes Interesse: Etwa 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten am 16. September 2021 in Häg-Ehrsberg auf dem Betrieb der Familie Faller, wie die Landschaftspflege durch Rinderhaltung in der Bergregion zukunftsfähig bleiben kann.

Am Donnerstag, 16. September 2021, trafen sich die Teilnehmenden aus dem gesamten Naturparkgebiet auf den Weiden der Landwirtsfamilie Faller im Ortsteil Altenstein. Im Fokus der Veranstaltung standen die sogenannten Borstgrasrasen. Das sind Magerrasen, die auf nährstoffarmen Standorten in Berggebieten auf Viehweiden entstanden sind und auch nur durch Beweidung erhalten werden können. Wie gelingt es, diese nach europäischem Recht (nach der sogenannten Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, kurz FFH) geschützten Lebensräume zu erhalten? Und welche unternehmerischen Entwicklungsmöglichkeiten hat ein landwirtschaftlicher Betrieb im FFH-Gebiet? Welchen Beitrag leisten Landwirte zum Naturschutz? Und lassen sich unterschiedliche Sichtweisen des Naturschutzes und der Landwirtschaft miteinander vereinbaren? Das waren die Fragen, die Vertreterinnen und Vertreter aus der aktiven Landwirtschaft, des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes, des Naturschutzes, der Landschaftserhaltungsverbände, der Fachverwaltungen der Landkreise und des Regierungspräsidiums an diesem Nachmittag diskutierten. Das Ziel der Veranstaltung war, alle Akteurinnen und Akteure zusammen an einen Tisch bzw. auf eine Weide zu bringen.

Simona Moosmann vom Landschaftserhaltungsverband Lörrach und stellvertretende Sprecherin der Arbeitsgruppe begrüßte zusammen mit Naturparkgeschäftsführer Roland Schöttle die Teilnehmenden. Landwirt Julian Faller stellte den Familienbetrieb vor. Die von ihm bewirtschafteten Flächen liegen fast ausschließlich in einem nach der europäischen FFH-Richtlinie geschützten Gebiet. Er gehört zu der jungen Landwirtegeneration, die einen Betrieb mit Rinderhaltung übernimmt und die landwirtschaftliche Produktion für die Zukunft gut aufstellen will.

Der naturschutzfachlich hochwertige Weidberg bei Altenstein, auf den die Exkursion führte, ist Teil des FFH-Gebietes. Der Standort ist sehr mager und reich an seltenen Arten. Aus landwirtschaftsfachlicher Sicht würde sich eine Kalkung oder Düngung empfehlen, um den Standort ertragreicher machen. Naturschutz-Fachleute befürchten dadurch jedoch einen Verlust von seltenen Arten. Familie Faller und viele andere landwirtschaftliche Betriebe im Oberen Wiesental bewirtschaften zum überwiegenden Teil Flächen mit einem besonderen Schutzstatus. Somit fehlen ihnen Flächen, mit deren Aufwuchs die Futterqualität innerhalb des Betriebs ausgeglichen werden kann. Diese Tatsache macht die Diskussion so kontrovers.

Oliver Bechberger von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Lörrach stellte das FFH-Gebiet "Gletscherkessel Präg und Weidfelder im Oberen Wiesental" vor. Die Weidfelder im FFH-Gebiet gehören zu den artenreichsten Lebensräumen in Mitteleuropa. Um sie zu erhalten, ist die Bewirtschaftung zwingend notwendig. Von einer Kalkung oder Düngung auf dem Weidberg von Familie Faller rät der sogenannte FFH-Managementplan ab, weil damit eine Veränderung der Artenzusammensetzung einherginge und eine Artenverarmung zu befürchten wäre. Gesetzlich ist Familie Faller verpflichtet, die Flächen in ihrer aktuellen Artenzusammensetzung zu erhalten.

In der Gemeindehalle von Häg-Ehrsberg stellte anschließend Dr. Friedrich Kretzschmar, Leiter des Naturschutzreferats des Regierungspräsidiums Freiburg, in einem Vortrag die in den Hochlagen des Südschwarzwaldes besonders geschützten Lebensräume vor. Dazu gehören neben den Borstgrasrasen zum Beispiel auch die artenreichen Bergmähwiesen. Aber insbesondere für den Lebensraumtyp Borstgrasrasen hat Baden-Württemberg und dort vor allem der Regierungsbezirk Freiburg eine besondere Verantwortung: Fast 50 % der Borstgrasrasen Deutschlands finden sich in diesem Gebiet. Eine aktuelle Studie belegt den Rückgang und die schleichende Arten-Verarmung der Borstgrasrasen im Südschwarzwald über die vergangenen 40 Jahre. Wodurch die Verschlechterung hervorgerufen wurde bzw. wird, ist aber nicht erforscht.

Unter den Vertreterinnen und Vertretern der Landwirtschaft und des Naturschutzes herrschte Einigkeit darüber, dass dringend Forschung betrieben werden müsse, um die Ursachen der Veränderungen herauszufinden und verschiedene Bewirtschaftungsmethoden zu erproben, die die Bewirtschaftung bzw. die Landschaftspflege erleichtern.

Neben den Einschränkungen für die Düngung im FFH-Gebiet regelt eine neue Düngeverordnung grundsätzlich die Möglichkeiten der Ausbringung und bringt deutliche Einschränkungen bei den anzuwendenden Techniken mit sich. Dr. Sonja Amann vom Landwirtschaftsamt Lörrach stellte die Neuerungen vor. Im Sinne einer gezielten und umweltverträglichen Düngung sind diese Neuerungen sinnvoll, stellen aber kleinere landwirtschaftliche Betriebe mit schlecht befahrbaren Flächen im Höhengebiet durch hohe Investitionskosten und einen hohen Arbeitsaufwand vor immense Probleme.

Simona Moosmann weitete den Blick auf die europäische Ebene und berichtete von ihrer Teilnahme 2020 an einem fachlichen Austauschprogramm der europäischen Innovationsplattform EIP Agri zum Thema nachhaltige Rindfleischproduktion. Dabei haben Vertretungen aus verschiedenen EU-Staaten Ideen ausgetauscht und gemeinsam Lösungsansätze zur Verbesserung der Situation von nachhaltig arbeitenden Rindfleischbetrieben erarbeitet.

In der abschließenden Diskussion der Vertreterinnen und Vertreter der Landwirtschaft und des Naturschutzes brachte es Hans Page, Geschäftsführer des Landschaftserhaltungsverbandes Emmendingen, auf den Punkt: "Gegenseitige Schuldzuweisungen bringen nichts. Naturschützer sehen Lebensraumveränderungen tendenziell negativ, andererseits haben die Landwirte im Schwarzwald, die die Pflege der Biotope gewährleisten, ein zunehmend schlechteres Auskommen."

Ausschließlich mit der Vermarktung seiner landwirtschaftlichen Produkte ist der hohe Aufwand der Bewirtschaftung und Pflege der ertragsarmen Flächen bei weitem nicht kostendeckend. Die ausreichende Bemessung dieser Ausgleichzahlungen aus der Agrarförderung wird in Zukunft entscheidend dafür sein, ob sich weiterhin Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter für die Erhaltung solcher ökologisch hochwertigen Lebensräume finden. Aber nicht allein der finanzielle Ausgleich ist entscheidend. Die Landbewirtschaftenden wollen auch in Zukunft eigene Entscheidungen zur Bewirtschaftung ihrer Flächen treffen können. Roland Schöttle betonte, dass die Diskussion fortgeführt werden müsse: "Entscheidend ist, dass Naturschutz und Landwirtschaft zu diesem Thema im Gespräch bleiben, denn es geht um die Zukunft der Bewirtschaftung von ganz besonderen Flächen im Schwarzwald."

Bildnachweise (© Naturpark Südschwarzwald):
Bild 1: Die Exkursionsgruppe auf dem Weidberg bei Altenstein, Gemeinde Häg-Ehrsberg.
Bild 2: Auf dem Weidberg bei Altenstein (v. l.): Landwirt Julian Faller mit den Referent*innen Simona Moosmann (Landschaftserhaltungsverband Lörrach e. V. und stellvertretende Sprecherin der Naturpark-AG Landwirtschaft), Oliver Bechberger (Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Lörrach) und Dr. Friedrich Kretzschmar (Regierungspräsidium Freiburg, Ref. 56 Naturschutz).
Bild 3: Es geht um nichts weniger als um die Zukunftsfähigkeit der Bewirtschaftung und Pflege und somit um die Erhaltung der einzigartigen Kulturlandschaft des Oberen Wiesentals.

Informationen zum Naturpark Südschwarzwald
Der Naturpark Südschwarzwald wurde 1999 gegründet und zählt mit seinen 394.000 Hektar zu den größten Naturparken Deutschlands. 115 Gemeinden, 5 Landkreise und 1 Stadtkreis sind Teil davon sowie Vereine, Verbände, Unternehmen und Privatpersonen. Der Naturpark wird von einem breiten ehrenamtlichen Engagement getragen und versteht sich als "Werkstatt regionalen Handelns". Gemeines Ziel mit seinen Mitgliedern und Partnerorganisationen ist die nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raumes sowie die Erhaltung der historisch gewachsenen Kulturlandschaft im Südschwarzwald. Dank der Unterstützung durch das Land Baden-Württemberg, die Lotterie Glücksspirale und die EU können Projekte aus den Bereichen nachhaltiger Tourismus, Kultur und Tradition, Regionalvermarktung, Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz und Landschaftspflege, Klimaschutz und -anpassung, Architektur und Siedlungsentwicklung sowie Bildung für nachhaltige Entwicklung finanziell gefördert werden. Grundlage seiner Arbeit ist der Naturpark-Plan 2025. Alle Informationen zum Naturpark finden sich unter www.naturpark-suedschwarzwald.de.

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veröffentlicht: Do, 16.09.2021
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